Am 27. und 28. Juni veranstaltete die American Bar Association in Prag das dritte Global White-Collar Crime Institute. Alle zwei Jahre lädt die ABA zum grenzübergreifenden Austausch von Erfahrungen und zur Diskussion von globalen und nationalen Trends im Wirtschaftsstrafrecht. Dr. Pragal nahm an der Konferenz teil.
Eröffnet wurde die mit hochkarätigen Rednern gespickte Veranstaltung von Matthew Miner, Deputy Assistant Attorney General des US-DOJ. In seiner Keynote Address referierte er zu aktuellen US-amerikanischen „enforcement trends“ und deren globaler Bedeutung. Dabei plädierte er für mehr internationale Zusammenarbeit im Rahmen von transnationalen „Internal Investigations“.
In der anschließenden Diskussionsrunde zum Thema „Meet the enforcers“ diskutierte Herr Miner mit Matthew Wagstaff, dem Leiter der Bestechungs- und Korruptionsdivision im britischen „Serious Fraud Office“ und Pavel Zeman, dem tschechischen Generalstaatsanwalt über globale Strafverfolgung und Zukunftsperspektiven. Einen besonderen zukünftigen Fokus sahen die „enforcers“ im Bereich der Cyberkriminalität und der Beaufsichtigung von transnational agierenden Konzernen. Dabei werde in Zukunft der Bereich der „informal cooperation“ zwischen Nationen und Behörden immer mehr an Bedeutung gewinnen.
In der Folge wurden in mehreren Plenarrunden diverse aktuelle Fragestellungen, Trends und internationale Fälle diskutiert.
Zum Fall VW referierte unter anderem der Berliner Rechtsanwalt Dr. Daniel Krause. Im Mittelpunkt seines Vortrages standen der Schutz des Mandatsverhältnisses sowie die Beschlagnahmen durch die Staatsanwaltschaft bei Kanzleien in der Causa VW.
Die Teilnehmer der Plenarrunde sahen aufgrund eigener Erfahrungen mit der Beschlagnahme von Mandatsunterlagen insbesondere das Bedürfnis, internationale Fälle jeweils in Kooperation mit landeskundigen Anwälten vor Ort zu bestreiten, um den maximalen Schutz des Mandats zu garantieren.
In der zweiten Plenarrunde diskutierten US-amerikanische und osteuropäische Anwälte internationale Entwicklungen auf dem Gebiet des Datenschutzrechts, insbesondere vor dem Hintergrund der „General Data Protection Regulation“.
Die dritte Plenarrunde beschäftigte sich mit dem Thema Auslieferung und „Red Notices“, den internationalen „Haftbefehlen“ von Interpol. Insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen Falls „Huawei“, an dem Canada, die USA und China beteiligt sind, bestand Einigkeit, dass Auslieferungen und insbesondere Interpol nicht selten als politisches Instrument missbraucht werden. Dr. Markus Rübenstahl brachte eine deutsche Perspektive in die Diskussion ein. Am Ende gab es Schulnoten für den Rechtsschutz der jeweils eigenen Nation im Auslieferungsverfahren: Im Durchschnitt B+.
Der zweite Tag der Konferenz begann mit einer zweiten Keynote Address, gehalten von Dr. Adrian Jung, dem Sonderbeauftragten für interne Ermittlungen des Bundesministeriums für Justiz. Dr. Jung erläuterte das aktuelle deutsche Modell zu Unternehmenssanktionen und stellte das Gesetzesvorhaben zum Unternehmensstrafrecht vor. Sein Vortrag bot Anlass zu einer durchaus kontroversen Diskussion über Aspekte des verfassungsrechtlichen Schutzes von Zeugen/Beschuldigten im Falle von Unternehmensmitarbeitern.
In der ersten Plenarrunde wurden von einem international durchmischten „Panel“ globale Anti-Korruptions-Trends vorgestellt. Besonders interessant waren die Ausführungen zu Lateinamerika und Russland – zwei Regionen, die traditionell schlechte Werte im Korruptionsindex aufweisen.
Der russische Anwalt Vassily Rudomino berichtete, wie die russische Regierung versucht, durch zunehmende Automatisierung und elektronische Formulare der Korruption vorzubeugen. Währenddessen sei Lateinamerika nach wie vor auf Strafverfolgung insbesondere auch von außen, hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten, angewiesen.
Die letzte Plenarrunde beschäftigte sich mit den Folgen des Brexits für die Strafverfolgung. Insbesondere wurde die Sorge geäußert, dass diesem Gesichtspunkt bei der Brexit-Planung bislang nahezu keinerlei Aufmerksamkeit zugemessen wurde. Es seien chaotische Zustände und ausufernde Auslieferungsverfahren zu erwarten. Gareth Rees beschrieb den drohenden Brexit abschließend als „grievous injury to Britain“.